Hilfe! - 10 Beatles-Krimis

 

Mit den BEATLES kann man sich in mannigfaltiger Weise beschäftigen - man kann zum Beispiel die Musik der wichtigsten Band aller Zeiten (sorry Keith & Mick, es ist so) wie Milliarden anderer Menschen einfach im Radio hören. Oder man kann ihre musikalischen und filmischen Werke sammeln; auf Vinyl, CD, DVD, Video, Daumenkino und neuerdings Blu-ray, bloß von den unsäglichen Remasters aus dem Jahr 2009 sollte man tunlichst die Finger lassen, die klingen nämlich wie Musik aus dem Mobiltelefon (siehe auch die aktuelle Wiederveröffentlichung der Hit-Kompilation. Außerdem könnte man Memorabilia für teures Geld ersteigern und einen Fab-Four-Schrein im Wohnzimmer errichten. Die ganz Schlauen verfassen Biographien, Discographien und sogar Doktorarbeiten. Aber mal ehrlich, das ist doch alles längst tausendmal, ach, millionenfach geschehen und todlangweilig.
Was man aber auf gar keinen Fall jemals machen darf ist, John, Paul, George und Ringo in Kriminalfälle verwickeln. Wo kämen wir denn hin, wenn irgendwelche dahergelaufene Schriftsteller - Moment, wieso dahergelaufen, die sitzen doch normalerweise -, egal, wenn also irgendwelche Schriftsteller unsere Ikonen mit Mord und noch schlimmeren Dingen (Gitarrendiebstahl!) in Verbindung bringen. Hatte der arme Paule vor gut 30 Jahren nicht genug zu leiden mit der unseligen Geschichte um das bisschen Marihuana in Japan? Wurde der heilige John nicht ausreichend von FBI und CIA sekkiert, weil er angeblich so eine linke Socke war?

Mehr oder weniger traurig aber wahr, genau das ist jetzt geschehen. Die beiden deutschen Autoren Richard Lifka und Christian Pfarr haben im offenkundigen Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte zehn kriminalistische Kurzgeschichten rund um die BEATLES und jeweils einen ihrer Songs geschrieben. Ein Sakrileg? Nein, eher sakrisch lustig.
Lifka und Pfarr, erfahrene Verfasser von Sachbüchern, Krimis, Satiren und Erzählungen, entblöden sich natürlich nicht und lassen die Helden persönlich auftreten, dann würde ja keiner glauben, dass die revolutionäre Pilzkopf-Frisur von einem völlig zu Unrecht ignorierten Friseur aus St. Pauli erfunden wurde. Es war aber so, nicht wahr, und als er sein Recht endlich durchsetzen wollte, wurde er von einem Sondereinsatzkommando erschossen. Das sind Geschichten, die das Leben schrieb, von Fiktion kann man auf keinen Fall sprechen - es war eben "Ein Tag im Leben". Der letzte in diesem Fall.
Es sind kleine, liebevoll mit Details verzierte Geschichten, die sich um Überschriften wie "Max aus Silberhammer", "Vierundsechzig" oder "Vorgestern" spinnen, manchmal völlig, nun ja, versponnen, manchmal wie auf der "Magical Mystery Tour" zusammenphantasiert, zwischendurch gruselig wie auf einem ganz schlechten Trip, dann wieder mit Lokalkolorit oder nach irgendwo in einem halbfiktiven England verlagert. Aber immer spannend, wunderbar leicht zu lesen und doch mit sprachlichem Anspruch, unterhaltsam und nah dran an den BEATLES - so oder so ähnlich hätte es alles passieren können. Oder ist es tatsächlich so passiert? War Max nicht wirklich der Psychopath mit dem Hammer, und was tut eine graue Maus für McCartney, damit der nicht als Plagiator von guttenbergscher Dimension entlarvt wird?
Nach 160 Seiten "Hilfe!" weiß man das alles, und noch viel mehr.

Lifka und Pfarr haben ihre Ideen mit der Liebe zu den Beatles verknüpft und daraus das erste und einzige Beatles-Krimibuch gestrickt. Besser kann man das nicht machen - geschickter auch nicht, denn die Zielgruppe besteht aus Millionen Menschen, die jeden Tag Help! im Radio hören und mitsummen.

Fred Schmidtlein 10.08.2011